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Bericht: Forum Unternehmensrecht am 01.07.2025: Organregress für (Kartell-)Bußgelder

Am 01.07.2025 hatte das Institut für Unternehmensrecht (IUR) der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf in Zusammenarbeit mit den Instituten für Kartellrecht (IKartR) und Versicherungsrecht (IVR) zu einem weiteren Forum Unternehmensrecht eingeladen. Im Nachgang zu dem Vorlagebeschluss des BGH v. 11.02.2025 (KZR 74/23) sollte über die gesellschafts-, kartellrechtliche und versicherungsrechtliche Einordnung eines Organregresses für (Kartell-)Bußgelder diskutiert werden. Trotz sehr hoher Temperaturen folgten rechtsgebietsübergreifend viele Stimmen aus Praxis und Lehre der Einladung. 

Referenten des Abends waren Prof. Dr. Christian Kersting, LL.M. (Yale), Direktor des IUR und des IKartR, der den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht sowie deutsches und internationales Unternehmens-, Wirtschafts- und Kartellrecht an der Heinrich-Heine-Universität innehat, und Rechtsanwalt Dr. Behrad Lalani, Senior Associate bei Clyde & Co. 

Nach einer Begrüßung durch Prof. Dr. Thilo Kuntz, LL.M. (University of Chicago), Direktor des IUR, stellte Prof. Kersting in seinem Vortrag zunächst dar, dass der BGH auf der Ebene des deutschen Rechts implizit die Zulässigkeit des Kartellbußgeldregress bejaht und die Bedenken des Gerichts stattdessen bei einer möglichen Unvereinbarkeit mit Art. 101 AEUV liegen. Danach wurde umfassend zum Für und Wider eines Regresses unter europarechtlichen Gesichtspunkten vorgetragen. Entscheidender Argumentationspunkt für einen Regress war dabei vor allem die Überlegung, dass dieser notwendig sei, um eine effektive Anreizwirkung bei den Leitungsorganen zu erreichen. Verwiesen wurde insofern auch auf europäische sekundärrechtliche Vorschriften, denen der gleiche Gedanke zugrunde liege. Anschließend betonte Prof. Kersting, dass wer den Bußgeldregress mit Blick auf die Effektivität der öffentlich-rechtlichen Kartellrechtsdurchsetzung verneine, nach gleicher Logik auch den Regress wegen gezahlten Schadensersatzes verneinen müsse, weil das die Abschreckungswirkung der privaten Rechtsdurchsetzung beeinträchtige. Im Hinblick auf die mit Spannung erwartete Entscheidung des EuGH wies Prof. Kersting auf Parallelen zur ASG 2 Entscheidung des EuGH hin. Notwendig sei daher eine Gesamtbetrachtung des nationalen Rechts. Dabei betonte er, dass in der bisherigen Darstellung des deutschen Rechts die Gesichtspunkte der Vorteilsausgleichung und der Beweislastverteilung zu kurz kommen. Dies drohe beim EuGH einen falschen Eindruck zu erwecken und solle korrigiert werden. Abschließend ist für ihn der Regress daher unionsrechtlich nicht nur gestattet, sondern jedenfalls derzeit für das deutsche Recht auch geboten. 

Anschließend warf Dr. Lalani in seinem Referat den Blick auf die versicherungsrechtliche Perspektive des Organregresses. Er stellte dabei dar, dass dem Vorlagebeschluss des BGH keine tiefergehenden Ausführungen zu versicherungsrechtlichen Aspekten des Bußgeldregresses zu entnehmen seien. Während Organe sich zwar gegen sie ergangene Bußgelder nicht versichern könnten, wies Dr. Lalani darauf hin, dass der Regress eines gegen ein Unternehmen verhängten Bußgeldes als Vermögensschaden grundsätzlich versicherbar wäre, hier aber negative Steuerungseffekte infolge einer etwaigen Sorglosigkeit der Organe zu bedenken wäre. Nach seiner Auffassung sollte aber die Annahme eines Regresses auf Haftungsebene auch dessen Versicherbarkeit bedingen.

In der abschließenden Diskussion wurden vor allem Fragen bezüglich der Differenzierung zwischen Fahrlässigkeit und Vorsatz und deren Auswirkung auf Versicherungen und Inanspruchnahme, Parallelen des Kartellbußgeldregresses zu weiteren Rechtsgebieten, Vorteilsausgleichung und zur Beweislastverteilung behandelt. 

Die Folien der Referenten sind oben verlinkt. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Thematik findet sich noch in Kersting, ZIP 2025, 1590 ff.

Kategorie/n: Fakultät und Institute, IUR

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