Zu der dritten Veranstaltung des von Prof. Dr. Noack geleiteten Forums Unternehmensrecht am 28.11.02 im großen Vortragsraum der Universitäts- und Landesbibliothek der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf erschienen nicht nur zahlreiche Düsseldorfer Anwälte, sondern ebenso Vertreter von Unternehmen aus dem Düsseldorfer und Kölner Gebiet, wobei die Medienbranche besonders gut repräsentiert war.
Entsprechend den Tätigkeits- bzw. Forschungsschwerpunkten der beiden Referenten gliederte sich der Vortragsabend in zwei große Komplexe: Lizenzen im Bereich des Medienrechts und „Sportrechte“ in der Insolvenz. Frau Dr. Katja Kuck, Partnerin der Kanzlei Görg Rechtsanwälte in Köln, mit Tätigkeitsschwerpunkt im Medienrecht – dort insbesondere im Lizenz- und Urheberrecht-, trug zu Film- und Fernsehlizenzen am Beispiel der Insolvenz eines Filmrechtehändlers vor.
Herr Prof. Dr. Ulrich Haas, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht und Zivilprozessrecht an der Johannes Gutenberg Universität in Mainz mit den Forschungsschwerpunkten des (internationales) Insolvenzrechts sowie des Sportrechts, beschäftigte sich mit der Frage, was mit der Teilnahmeberechtigung am organisierten Spielbetrieb im Falle der Insolvenz eines Sportvereins geschieht.
Frau Dr. Kuck legte ihren Ausführungen durchgehend folgenden Beispielsfall zugrunde: Der Urheber/Produzent vergibt eine ausschließliche Lizenz an einen Filmrechtehändler, welcher sie an einen Sender als Unter-/Sublizenznehmer weitergibt. Der Filmrechtehändler wird insolvent. Frau Dr. Kuck setzte sich zunächst mit der Zulässigkeit einer Kündigung durch den Urheber/Produzent – insbesondere der Geltung der §§ 112, 119 InsO (Kündigungssperre, Lösungs- bzw. Kündigungsklauseln) auseinander. Die Kündigungssperre ist aufgrund des § 112 InsO den Zeitpunkt der Insolvenzantragsstellung vorverlagert. In ihre Überlegungen zog Frau Dr. Kuck auch den Fall eines ausländischen Vertragsstatuts ein.
Für den anschließend erörterten Rechterückfall kommt es entscheidend auf die umstrittene Frage an, ob das Abstraktionsprinzip gilt oder nicht. Nur wenn man dessen Geltung nicht uneingeschränkt bejaht, kommt ein Rechterückfall in Betracht. Schließlich rundete Frau Dr. Kuck ihren Vortrag mit Überlegungen zum Wahlrecht des Insolvenzverwalters der Erfüllung oder Nichterfüllung gem. § 103 InsO ab. Bejaht man die Anwendung des § 103 InsO, kann man nach der Teilbarkeit des Lizenzvertrages im Zusammenhang mit der Ausübung des Erfüllungswahlrechts fragen und gelangt zu den Normen der § 105 InsO (inhaltliche Teilbarkeit – z.B. Filme als selbständige verkehrsfähige Teile) und § 108 InsO (zeitliche Teilbarkeit – Differenzierung zwischen dem Anspruch auf Lizenzentgelt für die Nutzungsmöglichkeit vor bzw. nach Insolvenzeröffnung – entsprechende Differenzierung zwischen Insolvenzforderung und Masseverbindlichkeit).
Prof. Dr. Haas stellte zunächst die beiden Modelle der Teilnahmeberechtigung am durch die Spitzenverbände organisierten Ligabetrieb dar. Nach dem ersten Modell werden die Sportvereine Mitglied der Spitzenverbände. Ihre Teilnahmeberechtigung beruht auf echter Mitgliedschaft. Diese endet nicht mit dem Eintritt der Insolvenz des Sportvereins. Die andere Möglichkeit besteht darin, dass sich der Sportverein durch den Abschluss von Sportlizenzverträgen dem Spitzenverband unterwirft. Auch ein derartiger Sportlizenzvertrag wird von der Insolvenzeröffnung nicht berührt. Einen Schwerpunkt seines von umfassend begründeten eigenen Ansichten geprägten Vortrags nahm die Frage ein, inwieweit Lösungsklauseln zulässig und möglich sind. Beim ersten Modell ist eine derartige Lösungsklausel Satzungsbestandteil. Prof. Dr. Haas hält solche Klauseln sowohl nach vereinsrechtlichem Maßstab (Inhaltskontrolle, § 242 BGB, Verhältnismäßigkeit) als auch nach insolvenzrechtlichem Prüfungsmaßstab (§ 138 BGB) für zulässig. In gleicher Weise bejaht Haas die Zulässigkeit von Lösungsklauseln in einem Sportlizenzvertrag. Ein Verstoß gegen die §§ 112, 119 InsO liege nicht vor. Auch die Frage, ob die Berechtigung am Ligabetrieb teilzunehmen, in die Insolvenzmasse fällt, beantwortet Haas für beide Modelle gleich. Der Insolvenzverwalter darf die Teilnahmeberechtigung, bei welcher es sich nicht um ein höchstpersönliches Recht handle, nutzen aber nicht verwerten.
Bei der anschließenden lebhaften Diskussion wurde deutlich, dass nicht alle Lizenzen im Falle der Insolvenz „über einen Kamm geschert“ werden können, sondern vielmehr nach verschiedenen Kategorien zu unterscheiden und eine sachgerechte Lösung zu ermitteln ist. Insbesondere die Frage der Anwendbarkeit der §§ 112, 119 InsO (Möglichkeit einer Kündigung, Zulässigkeit von „Lösungsklauseln“) kann nicht für alle Arten von Lizenzen einheitlich beantwortet werden.
Bereits am Donnerstag, den 05.12.02 findet der nächste Vortragsabend, der hoffentlich genauso erfolgreich verläuft, mit dem Thema „Aktuelle Entwicklungen des Übernahmerechts“ statt (weitere Informationen unter www.gewrs.de ). Kurzfristige Anmeldungen sind noch möglich.
Auch die erste Veranstaltung im Jahre 2003 ist bereits geplant. Am 27.01.03 referieren der Geschäftsführer des Bundesanzeigers, Herr Rainer Diesem, sowie der Direktor des Amtsgerichts Essen und Leiter der RegiStar-Arbeitsgruppe NRW, Herr Andreas Held zum Thema "Online-Unternehmensregister" Sie können sich gerne bereits jetzt per E-Mail anmelden ().
Bericht von Dr. Jutta Lommatzsch